Inhalt
Als erfahrene Notaufnahmeschwester hat Ingeborg Wollschläger gefühlt schon alles erlebt. In Form eines Rundganges durch die Notaufnahme erzählt sie nun von ihren skurrilsten, menschlichsten und dramatischsten Alltagserlebnissen. Große wie kleine Notfälle werden angesprochen, wie etwa die ältere Dame mit Bluthochdruck, die gerne sterben würde oder der junge Mann der mal eben dringend Zahnseide benötigt. Auch Anekdoten über das Miteinander der Kollegen und das Zusammenarbeiten von Pflege und Ärzten kommen nicht zu kurz und geben einen unterhaltsamen Einblick in die durch und durch menschliche Notaufnahme.
Erster Satz
Vor knapp 21 Jahren begann ich in einer interdisziplinären Notaufnahme zu arbeiten.
Eigene Meinung
„Die Notaufnahmeschwester“ war für mich ein absolutes Must-Read, gerade weil ich selbst in der aktuellen Corona-Situation die Pflege auf Station unterstütze und mir deshalb die ein oder andere Geschichte sehr bekannt vorkam.
Ingeborg Wollschläger ist definitiv ein Charakter. Sie ist die gute Seele der Notaufnahme, die selbst dann Herzlichkeit versprüht, wenn einem nur noch nach Heulen zumute ist, aber auch diejenige, die immer gerne viel erzählt und das herrlich amüsant und authentisch. Mehrmals habe ich mich während des Lesens bei einem wissenden Grinsen ertappt, weil sie es mit ihren scharfen Charakterzeichnungen genau auf den Punkt trifft. Durch ihre Schilderungen werden die Patienten aus Saufnasenhausen und die anstrengenden Angehörigen genauso lebendig wie ihre Kollegen aka der Haubentaucher, das Askhole, die Heißdüse, die Arbeitsbiene, der Laber Rhabarber und viele geniale Bezeichnungen mehr.
Witzig, spritzig und sympathisch echt nimmt Ingeborg Wollschläger den Leser strukturiert mit auf einen Rundgang durch die Notaufnahme. Sie beginnt mit ihrer Zeit als Schwesternschülerin und schildert ihre Anfänge in der Notaufnahme, bis die eigentliche Führung losgeht und man neugierig darauf wartet, dass sich die Türen öffnen. Doch zunächst heißt es „Vor der Notaufnahme – Bitte warten!“, wo man allerhand spannendes Handwerkszeug à la Regelwerk für eine Notaufnahme, die häufigsten Reaktionen auf den Beruf der Krankenschwester und Selfempowerment präsentiert bekommt. Es folgen jede Menge lustige wie schmerzhafte Anekdoten über den Arbeitsalltag in der Notaufnahme selbst, die anstrengenden wie liebenswürdigen Patienten und die teils speziellen Kollegen mit ihren Eigenheiten.
Die teils unterschwellige Kritik am Wandel im Pflegewesen und den jüngeren Generationen schwillt stellenweise zu regelrechten Schimpftiraden an, womit sie für meinen Geschmack ein wenig über das Ziel hinausgeschossen ist. Unglaublich berührt haben mich hingegen die Passagen über das Sterben in der Notaufnahme, in welchen sie einer älteren Dame in ihren letzten Minuten eine Stimme verleiht. Ich war bedrückt und hatte Gänsehaut gleichermaßen als ich ihren letzten Gedankengängen gefolgt bin.
Fazit
„Die Notaufnahmeschwester“ verspricht für all diejenigen ein großartiges Lesevergnügen, die abseits von Grey’s Anatomy einen Blick hinter die tatsächlichen Kulissen einer Notaufnahme werfen möchten ohne dort selbst Gast zu sein. Herrlich amüsant erzählt Ingeborg Wollschläger von skurrilen, dramatischen und herzerwärmenden Geschichten, die das Leben schreibt.
Ingeborg Wollschläger betreibt übrigens schon seit längerer Zeit den erfolgreichen Blog „notaufnahmeschwester“, auf welchem sie über ihre Erfahrung als langjährige Krankenschwester der alten Schule, ihre Patienten und die Bedeutung des Pflegeberufes schreibt.
DIE NOTAUFNAHMESCHWESTER
Autorin: Ingeborg Wollschläger
Seitenzahl: 256
Erschienen: 09.03.2020
Verlag: Penguin
ISBN: 978-3-328-10480-3
Preis: 10,00 €
Herzlichen Dank an das Bloggerportal für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
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