Rezension

Die Verlorenen | Stacey Halls

1. März 2021
Die Verlorenen

Inhalt

London 1747: Die junge Bess Bright sieht keinen anderen Ausweg als ihre neugeborene Tochter in ein Waisenhaus zu geben. Sie tröstet sich mit dem Gedanken, sie später wieder zu sich zu nehmen, wenn sie für sie sorgen kann. Doch als Bess ihre Tochter sechs Jahre später abholen möchte, muss sie feststellen, dass Clara bereits abgeholt wurde. Doch von vom? Bess befindet sich von einer Sekunde zur nächsten in einem schrecklichen Alptraum. Verzweifelt versucht sie ihre Tochter zu finden. Wird sie es schaffen, die gesellschaftlichen Schranken zu überwinden?

Erster Satz

Die Babys waren eingepackt wie Geschenke.

Eigene Meinung

Stacey Halls hat mit ihrem Roman „Die Verlorenen“ einen kraftvollen und absolut mitreißenden historischen Roman vorgelegt. Mit den bildgewaltigen und atmosphärisch dichten Beschreibungen katapultiert die Autorin den Leser mitten hinein ins London des ausgehenden 18. Jahrhunderts, das nicht nur schillernd war, sondern ebenso geprägt von bitterster Armut.

Bereits im ersten Teil nimmt man mit Bess die beengten Wohnverhältnisse wahr, die schäbigen Wohnblöcke mit den feuchten Wänden, in denen Millionen von Menschen in hygienisch desolaten Verhältnissen lebten. Man sieht die katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen förmlich vor sich. Es ist fast ein Kulturschock, wenn man dann im nächsten Kapitel zur zweiten Protagonistin Alexandra wechselt, die alle Privilegien der Oberschicht genießt. Gerade durch diese unterschiedliche Herkunft der beiden Hauptfiguren nimmt man die gravierende Diskrepanz zwischen Arm und Reich noch intensiver wahr.

Vor dieser fundiert recherchierten historischen Kulisse erzählt sie von der verzweifelten Suche einer Mutter nach ihrem Kind und von zwei starken Frauen, die ein Geheimnis wie ein unsichtbares Band miteinander verbindet.

Dabei ist eine Geschichte entstanden, die emotional berührt und sich gleichzeitig total spannend liest. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Flott, ungeschönt und locker geschrieben, besticht dieser historische Roman aber auch durch seine authentisch und bis ins kleinste Detail skizzierten Charaktere, die allesamt herrlich lebendig und zeitgemäß wirken. Komplettiert wird dieser absolut unterhaltsame Roman von einem für mich doch recht modernen Ende, welches perfekt passt und mir sehr gut gefällt. Allerdings bin ich noch am Grübeln, ob die strenge Gesellschaftsordnung diese Möglichkeit geboten hätte. Vielleicht waren die Menschen damals in manchen Dingen fortschrittlicher, als wir es uns heute vorstellen können.

Diese Überlegung hat mein Lesevergnügen jedoch in keinster Weise getrübt, ich war von der ersten Seite an eine begeisterte Leserin dieser atemberaubenden Reise in die Vergangenheit.


DIE VERLORENEN

Autorin: Stacey Halls
Originaltitel: The Foundling
Übersetzung: Sabine Thiele
Seitenzahl: 384
Erschienen: 01.03.2021
Verlag: Pendo
ISBN: 978-3-86612-495-0
Preis: 22,00 €


Herzlichen Dank an den Piper Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Zwerghuhn

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4 Comments

  • Reply Livia 3. März 2021 at 15:57

    Huch, Schnappatmung….

    Liebstes Zwerghuhn, das Cover ist ja ein Traum… das Buch schaue ich mir unbedingt näher an. Ein Wunder, dass ich es mir noch nicht gekrallt habe, bei dieser tollen Aufmachung.

    Alles Liebe
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 12. März 2021 at 19:00

      Liebe Livia,
      bei den Neuerscheinungen ist mir das Cover regelrecht ins Auge gestochen. Ich finde es sooo toll. Da hat es auch richtig Spaß gemacht einen geeigneten Ort zum Fotografieren zu suchen. Es zu lesen, dann nochmal mehr, genau auf meiner Wellenlänge, gut recherchiert und super geschrieben.

      Viele liebe Grüße
      Zwerghuhn

  • Reply Mikka 7. März 2021 at 19:28

    Hallo,

    ich lese nur selten historische Romane, aber dieser hier klingt wirklich sehr interessant! Es klingt so, als gebe der Roman einen sehr guten Einblick in die Lebensbedingungen der Menschen der Zeit und die immensen Unterschiede zwischen Ober- und Unterschicht.

    LG,
    Mikka

    • Reply Lesendes Federvieh 12. März 2021 at 19:03

      Liebe Mikka,
      gerade die ausführliche Beschreibungen, wie die Menschen damals gelebt haben, hat mir besonders gut an diesem Buch gefallen. Aber auch die ganze Geschichte drumherum ist sehr unterhaltsam zu lesen.
      Sehr lesenswert!

      Viele liebe Grüße
      Zwerghuhn

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