Rezension

Die Wahrheit der Dinge | Markus Thiele

7. Mai 2021
Die Wahrheit der Dinge

Inhalt

Strafrichter Frank Petersen liebt seinen Beruf. Er ist von der Kraft des Gesetzes und der Objektivität seiner Urteile vollkommen überzeugt. Solange, bis er sich wegen eines umstrittenen Rechtsspruch heftiger Kritik ausgesetzt sieht, die nicht nur von beruflicher, sondern auch von familiärer Seite kommt. Seine Ehefrau wirft ihm vor selbstherrlich zu sein und seine Vorurteile bei der Urteilsfindung nicht beiseiteschieben zu können. Auch sein Sohn wendet sich von ihm ab. Petersen beginnt intensiv nachzudenken und zu hinterfragen. Dabei stößt er auf eine altes Trauma, den Fall Corinna Maier, die im Gerichtssaal den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes erschoss – noch bevor Petersen überhaupt ein Urteil fällen konnte. Plötzlich gibt es für ihn nur noch ein großes Fragezeichen für viele Dinge, für seine Integrität als Richter, als Vater und Ehemann. So beschließt er, auf seine quälenden Fragen Antworten zu finden.

Erster Satz

Er habe nicht hingesehen.

Eigene Meinung

Gerade bei spektakulären Fällen habe ich mich oft gefragt wie es ist Richter zu sein und Urteile zu sprechen, die gerecht sind. Was machen die Fälle mit dem Menschen unter der Richterrobe?

Auf genau solche Überlegungen, bekam ich in diesem wirklich lesenswerten Buch einen kleinen Einblick hinter die Fassade geboten. Mit Petersen kam auch ich ins Grübeln über all die vielschichtigen und komplizierten Komponenten, die bei einer Urteilsfindung von großer Wichtigkeit sind. Über Recht und Gerechtigkeit, über Schuld und Moral, aber auch darüber, wieviel Menschlichkeit eigentlich wert ist. Wenn man sich einmal, wie hier durch dieses Buch, Zeit zum Nachdenken nimmt, merkt man sehr schnell, wie schwierig diese Thematik zu beurteilen ist.

Eingebettet in zwei spannende und emotional hoch aufgeladene Fälle entstand so ein überaus realistischer Einblick in die Mühlen unserer Rechtsprechung. Gekonnt verwebt Markus Thiele hier Realität und Fiktion, denn das Buch basiert zum einen auf dem Fall Marianne Bachmeier, die 1981 im Gerichtssaal den Mörder ihrer kleinen Tochter erschoss. Zum anderen orientiert er sich am Fall des Schwarzafrikaners Amadeu Antonio Kiowa, der 1990 eines der ersten Opfer rassistisch motivierter Gewalt wurde und an den Folgen des brutalen Übergriffs verstarb.

Es gibt hier also noch viel mehr, um sich darüber Gedanken zu machen, denn es geht auch um so wichtige Themen wie Vorurteile, Rassismus, Hass gegenüber Fremden und Selbstjustiz. Mit seinen beiden Protagonisten Corinna und Steve gibt er der Problematik ein sympathisches Gesicht, sodass ich beim Lesen noch direkter und emotionaler über ihre Schicksale betroffen war. Ebenso auch darüber, dass sich bis heute nichts an der Problematik gebessert, sondern eher verstärkt hat.

Fazit

„Die Wahrheit der Dinge“ ist ein spannendes und hoch emotionales Buch, das von der ersten Seite an durch die klare, mitreißende Erzählweise besticht und beste Unterhaltung bietet. Aber nicht nur das, es zeigt auch deutlich, wie nötig es gerade in unserer turbulenten Zeit ist, sich Schieflagen in unsere Gesellschaft gedanklich bewusst zu machen und nicht einfach wegzusehen.


DIE WAHRHEIT DER DINGE

Autor: Markus Thiele
Seitenzahl: 240
Erschienen: 22.04.2021
Verlag: Benevento
ISBN: 978-3-710-90093-8
Preis: 22,00 €


Herzlichen Dank an den Benevento Verlag sowie die Agentur Literaturtest für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Zwerghuhn

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2 Comments

  • Reply Livia 7. Mai 2021 at 10:48

    Hallo liebes Zwerghuhn

    Das klingt wirklich super. Erst gerstern bei meiner ausführlichen Stöberrunde habe ich ebenfalls eine begeisterte Rezension gefunden und mir das Buch schon auf die Wunschliste gesetzt. Aus der was-wäre-wenn-Idee ist ja auch „Die Jury“ von John Grisham entstanden, ein wirklich grandioses Buch, wie ich finde. Vielleicht wäre das auch noch etwas für dich?

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 12. Mai 2021 at 13:58

      Liebe Livia,
      „Die Jury“ habe ich vor längerer Zeit auch schon gelesen und war total begeistern. Von Markus Thiele gibt es noch „Echo des Schweigens“ , das kann ich dir auch sehr empfehlen.

      Viele liebe Grüße
      Zwerghuhn

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