Inhalt
Seit Jahrhunderten wird das literarische Schreiben von Frauen abgewertet, von Literaturkritikern als uninteressante Menstruationsprosa verunglimpft und in literarischen Kanons sträflich vernachlässigt. Dabei sollte das Geschlecht des Schreibenden bei der Lektüreauswahl keine Rolle spielen dürfen. Wieso es dennoch so ist und weshalb Schriftstellerinnen benachteiligt werden, deckt Nicole Seifert in „Frauen Literatur“ auf.
Erster Satz
Den Begriff „Frauenliteratur“ mag eigentlich niemand.
Eigene Meinung
„Frauen Literatur“ von Nicole Seifert macht unfassbar wütend ob der patriarchalen Unterdrückung und belächelnden Missachtung des weiblichen Schreibens mitsamt der fadenscheinigen – um in ihrer männlichen Idiotie nicht zu sagen anwidernden – Argumente. Gleichzeitig versprüht es aber auch eine pulsierende Liebe für das Lesen sowie die Vielschichtigkeit und Bedeutsamkeit der Literatur weiblicher und non-binärer (wenngleich dieser Part etwas zu kurz kommt) Autor*innen und liefert neben zahlreichen Anstößen zum längst überfälligen Diskurs jede Menge glühende Literaturempfehlungen, um den eigenen Horizont zu erweitern.
Spitzfindig, präzise und äußerst wortgewandt zieht sie die seit Jahrhunderten bröckelnde Tapete der kanonischen Literatur Schicht um Schicht ab und legt die zugrundeliegende Diskreditierung von Schriftstellerinnen frei. Begonnen bei ihrer fundierten wie erschreckend zutreffenden Kritik an der patriarchalen Literaturkritik, in welcher geschätzte reliable Männer noch im auslaufenden 20. Jahrhundert behaupten Frauen könnten keine Romane schreiben, wenn überhaupt, dann sei die Lyrik ihr Metier, widmet sich Nicole Seifert nach und nach den diversen Brandherden weiblicher Unterdrückung in der Literatur, die bereits in der Schule beginnt.
Wieso wurde Gabriele Reuter mit ihrem Roman „Aus guter Familie“ beispielsweise zeitlebens in einem Atemzug mit Fontanes „Effi Briest“ genannt und ist heute nur noch einem kleinen Fachpublikum bekannt? Warum wurde Elena Ferrante unterstellt, dass sich hinter dem Pseudonym eine Gruppe Männer verbirgt? Worin liegt die geringe Sichtbarkeit weiblichen Schreibens begründet? Wie sieht der Frauenanteil in den Literaturprogrammen der Verlage aus? Auf all jede und noch viele weitere Fragen findet Nicole Seifert fundierte, mit Zitationen unterfütterte Antworten und liefert neue Gedankenansätze, um das eigene Lesen zu reflektieren.
FRAUEN LITERATUR
Autorin: Nicole Seifert
Seitenzahl: 224
Erschienen: 09.09.2021
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-00236-2
Preis: 18,00 €
Herzlichen Dank an den KiWi Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
2 Comments
Hallo liebe Kathi
Das Buch habe ich auch sehr gerne und gleichzeitig mit viel Wut im Bauch gelesen. Seit einiger Zeit ziehen bei mir vor allem Autorinnen ein und seit ich vermehrt Frauen entdecke, entdecke ich Geschichten und Lebenswelten, die mir sonst verborgen geblieben wären.
Ich wünsche dir und euch auch viel Freude bei diesen Entdeckungsreiseun und bin schon gespannt auf weitere Buchtipps.
Alles Liebe
Livia
Liebe Livia,
oh ja, mir ging es ganz genauso! Ich habe mir direkt eine Liste an Autorinnen geschrieben, die ich unbedingt möglichst zeitnah lesen möchte. Virginia Woolf, Anna Seghers und „Die gelbe Tapete“ stehen ganz weit oben. Genauso Alice Walkers „Die Farbe Lila“, was ich gestern erst beendet habe und großartig fand! Meine Rezension folgt! 🙂
Herzliche Grüße,
Kathi