Rezension

Geiger | Gustaf Skördeman

31. Mai 2021
Geiger

Inhalt

Agneta winkt ihrer abfahrenden Familie vom Fenster aus zum Abschied zu, als das Festnetz-Telefon klingelt und jemand „Geiger“ sagt, nur um unmittelbar danach aufzulegen. Daraufhin entnimmt Agneta eine Waffe mit Schalldämpfer aus ihrem Versteck und erschießt ihren Mann, der im Wohnzimmer sitzt und Musik hört. Als Kommissarin Sara Nowak von diesem kaltblütigen Mord erfährt, beginnt sie selbst Nachforschungen anzustellen, denn sie kennt die Familie seit ihrer Kindheit.

Erster Satz

Das Kaffeeservice von Royal Copenhagen stand noch auf dem Tisch, in den Tassen schwammen nur noch dunkle Pfützen, die Kuchenplatten waren leer und die Saftgläser ausgetrunken.

Eigene Meinung

Mit dem knallgelben Seitenschnitt, welcher die farblichen Elemente des Titels aufnimmt, ist „Geiger“ rein äußerlich bereits ein absoluter Hingucker und hält auch inhaltlich einiges bereit. Obgleich ich die Richtung, in welche sich die Handlung schnell entwickelt hat, so nicht erwartet hatte.

Denn dieser Thriller ist hochpolitisch, da er sich eingehend mit der ehemaligen DDR und der Rolle Schwedens in der Anerkennung des kommunistischen Staates sowie den tief verzweigten Verwicklungen des Geheimdienstes beschäftigt. Dabei erfordert die Lektüre für ein Buch dieses Genres ungewohnt viel Aufmerksamkeit sowie ein gewisses zeitgeschichtliches wie politisches Interesse, da Gustaf Skördeman sich nicht mit Oberflächlichkeiten begnügt, sondern inhaltlich in eine analytische gesellschaftskritische Tiefe geht. Dies wiederum fiel stellenweise zu Ungunsten der Spannung aus, wenngleich die wechselnden Erzählperspektiven dieses Defizit ausgleichen.

Neben eingehenden Einblicken in die Hintergründe der DDR sowie die abscheulichen Methoden der Stasi-Spione findet die sexuelle Ausbeutung von Frauen lautstark Ausdruck. Zum einen geschieht dies durch Übelkeit erregend authentisch geschilderte Szenen der Vergewaltigung von Minderjährigen und entführten, zur Sexarbeit gezwungenen Frauen. Zum anderen macht Kommissarin Sara Nowak, die für die Verhaftung der Sexkäufer zuständig ist, ihrem berechtigten Ärger an den schrecklichen Schicksalen der Frauen häufig Luft. Ihre Frustration ist durchaus nachvollziehbar, allerdings sind ihre impulsiven Aggressions- und Gewaltausbrüche, die wiederkehrenden Schimpftiraden sowie das zwanghaft eifersüchtige und klammernde Verhalten in Bezug auf ihre Familie auf Dauer ziemlich unangenehm.

Fazit

„Geiger ist ein hochpolitischer Spionagethriller, der einen eingehenden Blick in die verstrickten Spionagetechniken und die Abgründe der DDR erlaubt.


GEIGER

Autor: Gustaf Skördeman
Originaltitel: Geiger
Übersetzung: Thorsten Alms
Reihe: Geiger (Bd. 1)
Seitenzahl: 495
Erschienen: 26.03.2021
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN: 978-3-7857-2737-9
Preis: 16,00 €


Herzlichen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Kathiduck

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2 Comments

  • Reply Livia 1. Juni 2021 at 10:41

    Hallo liebe Kathi

    Das Buch habe ich mir auch schon näher angesehen, aber aufgrund vieler eher durchwachsenen Rezensionen dann wieder von der Wunschliste gestrichen. Auch deine Rezension bestätigt mich leider darin und ich werde die Finger vom Buch lassen. Meine Wunschliste ist darüber gar nicht böse 😉

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 2. Juni 2021 at 10:48

      Liebe Livia,

      dabei klingt der Klappentext so gut! Ich hatte mich auf jede Menge Action gefreut und bin dann doch eher durch ausschweifende Passagen über die DDR gelangweilt worden, auch wenn es zum Ende hin nochmal spannender wurde. Wesentlich cooler hätte ich es gefunden, wenn man die Senioren-Agentin-Agneta häufiger begleitet und das Politische auf das Notwendigste heruntergekürzt hätte. 🙂

      Allerliebste Grüße,
      Kathi

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