Rezension

INSEL | Ragnar Jónasson

25. August 2020
Insel

Inhalt

Als Hulda Hermansdóttir zu einer abgelegenen Insel geschickt wird, ahnt sie noch nicht, dass dies der wichtigste Fall ihrer Karriere als Kommissarin bei der Polizei Reykjavík werden könnte. Vier Freunde hatten einen Ausflug auf eine abgeschiedene Insel unternommen, doch nur drei waren lebend zurückgekehrt. In ihren Ermittlungen kreuzen sich Vergangenheit und Gegenwart, denn vor zehn Jahren war bereits ein Mitglied des Freundeskreises ums Leben gekommen. Allerdings hat der damals für schuldig befundene Täter im Gefängnis Selbstmord begangen…

Erster Satz

Die Babysitterin war zu spät.

Eigene Meinung

Bereits nach dem Lesen des Prologs von „INSEL“ hatte sich eine leichte Gänsehaut ausgebreitet, die sich jedoch im Folgenden verflüchtigte und einer zunehmenden Neugier wich. Denn der Aufbau dieses Bandes unterscheidet sich ein wenig von dem des Reihenauftaktes „DUNKEL“, welcher mir besonders dank des grandiosen Endes noch lange in Erinnerung bleiben wird. Während letzterer mit mehreren Zeitebenen gleichzeitig arbeitet, findet man nun zwei strikt voneinander separierte Teile vor.

Beginnend im Jahre 1987 begleitet man ein junges Pärchen auf einem Wochenendliebestrip in ein verlassenes Sommerhaus der Familie, was geradezu idyllisch anmutet und doch in Erwartung eines baldigen schaurigen Unglücks für unterschwellig spürbare Spannung sorgt. Zehn Jahre später, 1997, folgt die Handlung diesbezüglich einem ähnlichen Schema, allerdings begeben sich nun die vier verbliebenen Freunde Dagur, Benedikt, Klara und Alexandra auf einen Ausflug in eine verlassene Gegend. Latente Aufgeregtheit ist auch hier zu spüren, wenngleich die mitreißenden Wendungen eher ausbleiben.

Tatsächlich fand ich den Kriminalfall an sich gar nicht besonders spannend, da die Ermittlungen beinahe schon zu glatt ohne Rückschläge in Richtung schneller Lösung des Falles laufen. Denn gerade anfangs undurchsichtige Indizien, schweigende Verdächtige und jede Menge falscher Fährten mitsamt der anschließend unvermeidlich überraschenden 180-Grad-Wendungen sorgen gewohntermaßen für mitreißendes Krimivergnügen. All das findet sich hier nicht und dennoch macht diese unaufgeregte Nüchternheit in der Erzählweise auch einen gewissen unerklärlichen Reiz aus, weshalb ich „INSEL“ innerhalb kürzester Zeit verschlungen habe.

Sehr zu meinem Bedauern ist mir Hulda selbst ein wenig zu kurz gekommen, da man mit Ausnahme ihrer eingestreuten Vatersuche in den USA nichts Neues über den zuvor so markant dargestellten Charakter erfährt, wodurch sie an Authentizität und Schärfe einbüßt.

Abermals ist das Ende mein Highlight. Wenngleich es natürlich nicht derart überraschend genial sein konnte, wie das des vorherigen Bandes, so sorgte es immerhin für nachhaltige Ungläubigkeit und den dringlichen Wunsch sofort den finalen Band der Reihe, „NEBEL“, zu lesen, der die unmittelbare Zeit nach dem Suizid von Huldas Tochter thematisieren wird.

Fazit

Auch wenn die unaufgeregte Verknüpfung zweier Fälle in Vergangenheit und Gegenwart dem Reihenauftakt an Tiefe, Dramatik und Spannung nicht ganz das Wasser reichen kann, ist „INSEL“ dennoch eine absolut lesenswerte Fortsetzung vor der Kulisse des atmosphärischen Island.


INSEL

Autor: Ragnar Jónasson
Originaltitel: DRUNGI
Übersetzung: Kristian Lutze
Reihe: Hulda-Trilogie (Bd. 2)
Seitenzahl: 384
Erschienen: 13.07.2020
Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-75861-6
Preis: 15,00 €


Herzlichen Dank an das Bloggerportal für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Kathiduck

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2 Comments

  • Reply Livia 8. September 2020 at 23:04

    Hallo liebe Kathi

    Die Reihe sollte ich mir auch bald einmal näher ansehen. Ich habe deine Rezension jetzt nur überflogen, damit ich nicht gespoilert werde, aber Lust hätte ich schon auf die Bücher. Nur leider sind die alle ziemlich dick….

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 12. September 2020 at 14:23

      Hallo liebe Livia,

      von der Dicke der Bücher darfst du dich nicht abschrecken lassen, die Seiten fliegen nur so dahin. Zum einen liegt das an der unterschwelligen Spannung bzw. ungewöhnlichen Sogwirkung der Geschichte, zum anderen ist die Schrift recht groß und häufig sind die Seiten nicht ganz bedruckt. 🙂

      Herzliche Grüße,
      Kathi

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