Rezension

Love to share – Liebe ist die halbe Miete | Beth O’Leary

18. Juni 2019

Inhalt

Nachdem ihr Exfreund in der noch gemeinsamen Wohnung mit einer neuen Frau an seiner Seite auftaucht, sieht Tiffy den Zeitpunkt gekommen endlich auszuziehen. In ihrem Job als Lektorin in einem Kreativverlag verdient sie jedoch weniger als den Mindestlohn, sodass sie sich nur eine günstige Bleibe leisten kann. Leon braucht indes dringend Geld, um die Anwaltskosten seines Bruders zu übernehmen. Obwohl die beiden sich nie begegnet sind, schließen sie in ihrer beider Not einen erfinderischen Deal: Sie teilen sich die Wohnung, denn während Tiffy tagsüber arbeitet, schiebt Leon als Palliativpfleger Nachtschichten. Festgelegte Uhrzeiten und eindeutige Absprachen sorgen dafür, dass die beiden nie zeitgleich in der Wohnung sind und doch wird aus zwei Fremden bald mehr.

Erster Satz

Einen Vorteil hat es ja schon, wenn man verzweifelt ist: Man wird viel offener.

Eigene Meinung

Die Idee, die sich hinter „Love to share“ verbirgt, finde ich ungeheuer spannend, weshalb ich das Buch unbedingt lesen wollte. Zwei Menschen leben in ein und derselben Wohnung, obwohl sie sich zuvor nie begegnet sind. Die beiden kennen sich nicht und schlafen doch im gleichen Bett, zu unterschiedlichen Uhrzeiten zwar, aber trotzdem. Das erfordert in meinen Augen schon eine große Menge an Vertrauen, einen Mangel an vernünftigen Alternativen und nicht zuletzt eine gesunde Prise Naivität, schließlich könnte man sich den größten Messie oder gar Serienkiller in die Wohnung holen.

Doch Tiffy und Leon wagen das Experiment, das beste Beispiel für „Not macht erfinderisch“, und sorgen dadurch für jede Menge Lesespaß mit flippigen Charakteren und berührenden Momenten. Tiffys Einzug gleicht der ausgedehnten Explosion einer Farbbombe, denn ihre Vorliebe für bunte Farben äußert sich nicht nur in ihrer immensen Anzahl an Kleidungsstücken, die erst einmal untergebracht werden wollen, sondern setzt sich in zahlreichem knallbunten Interieur fort, das sie über die ganze Wohnung verteilt. Die Essex-Frau, wie Leon sie anfänglich amüsanterweise in Gedanken nennt, ist definitiv nicht zu übersehen und mischt Leons Leben wie ein farbenfroher Wirbelwind gehörig auf. Auf den ersten Seiten mag sie vielleicht einen oberflächlich plumpen Eindruck erwecken, da sie ihrem Exfreund auch zwei Monate nach der Trennung noch hinterhertrauert als wäre es gestern gewesen, und in ihrem schlechtbezahlten Job im Lektorat eines Kreativbuchverlages, den sie jedoch über alles liebt, nicht gerade mit Effizienz glänzt.

Der Nacht für Nacht als Palliativpfleger arbeitende Leon, der nebenbei die Anwaltskosten für seinen unschuldig inhaftierten Bruder Richie stämmen muss, scheint dabei das genau Gegenteil zu sein. Mit einer Notiz auf einem Post-it neben einem Teller voller selbstgebackener Haferkekse beginnt jedoch eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihnen, zweier Menschen, die sich nie zuvor begegnet sind und einander anhand ihrer Lebensgewohnheiten und Marotten sowie ihren zahlreichen Nachrichten auf kleinen gelben Zetteln kennenlernen. Auf amüsante Nachrichten über den seltsamen Nachbar aus Wohnung Nr. 5 oder die Fuchsfamilie folgen ernste, nachdenkliche, in denen Tiffy Leon von ihren Besuchen bei der Psychologin erzählt, die ihr dabei hilft den emotionalen Missbrauch ihres Exfreundes samt der widerkehrenden Flashbacks zu verarbeiten. Im Gegenzug erzählt Leon von seiner Suche nach Johnny, der großen Liebe seines strickenden und häkelnden Patienten Mr. Prior, und seinem Bruder Richie.

Angenehmerweise handelt sich hierbei nicht um einen reinen Brief- beziehungsweise Zettelroman, da der Großteil der Handlung normal aus den wechselnden Perspektiven von Tiffy und Leon erzählt wird. Allerdings war der abgehackte, beinahe schon unvollendete Schreibstil von letzterem zunächst etwas gewöhnungsbedürftig zu lesen, was nach einigen Seiten glücklicherweise aber nicht mehr groß auffiel.

Neben der herzerwärmenden Geschichte zweier Fremder aus denen Freunde und Vertraute werden, waren besonders die zahlreichen liebevoll ausgearbeiteten charmeversprühenden Nebencharaktere mit ihren eigenen kleinen Handlungssträngen meine persönlichen Highlights. Dazu gehören beispielsweise die schrullige Häkelmodendesignerin Katherin, Tiffys Arbeitskollegin Rachel mit dem losen Mundwerk und ihren genialen Kommentaren und das ungleiche Gespann Tiffys bester Freunde Gerty und Mo, sie hochkarätige Anwältin, er Psychologe wie auch Leons altkluge, schlagfertige Leukämiepatientin Holly und Richie, der sich trotz des ihm widerfahrenen Unrechts nicht aufgibt.

Fazit

Unter dem hübschen Cover von „Love to share“ verbirgt sich eine mitreißende Liebesgeschichte mit Tiefe, die mit einem aberwitzigen aus der Not heraus geborenen Plan und einem Post-it begann und neben dem Handlungsverlauf besonders durch ihre schrulligen, liebenswürdigen Charaktere für tolle Lesestunden sorgt.


LOVE TO SHARE – LIEBE IST DIE HALBE MIETE

Autorin: Beth O’Leary
Originaltitel: The Flatshare
Übersetzung: Pauline Kurbasik & Babette Schröder
Seitenzahl: 480
Erschienen: 13.05.2019
Verlag: Diana
ISBN: 978-3-453-36035-8
Preis: 9,99 €


Herzlichen Dank an den Rowohlt Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Kathiduck

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2 Comments

  • Reply Der Duft von Büchern und Kaffee 22. Juni 2019 at 9:31

    Hallo Kathi,
    das Buch ist mir schon vor einiger Zeit ins Auge gefallen. Ich finde die Idee, dass sich zwei Personen ein Zimmer teilen, ohne einander zu begegnen, richtig genial. Aber auch das, was du über den weiteren Verlauf schreibst, spricht mich sehr an. Besonders süß finde ich die Haferkekseszene und auch die kleinen Zettelchen, die nach und nach immer mehr zu kleinen Briefen ausarten <3
    Ich glaube das Buch muss ich bald mal von meiner Wunschliste befreien :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    • Reply Lesendes Federvieh 22. Juni 2019 at 14:16

      Hallo Tanja! 🙂

      Spätestens bei der Haferkeksszene war ich hin und weg von Tiffy und Leon und habe mich schon riesig auf die weiteren Zettel-Nachrichten gefreut, die richtig witzig zu lesen waren. Man kann wirklich ganz toll beobachten, wie aus zwei Fremden, die sich zunehmend ihre Gedanken anvertrauen, mehr wird. Ich wünsche dir jetzt schon ganz viel Spaß beim Lesen und bin natürlich gespannt, was du danach zu erzählen hast! 😀

      Allerliebste Grüße,
      Kathi

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