Rezension

Nennt mich Esteban | Lejla Kalamujić

8. Februar 2021
Nennt mich Esteban

Inhalt

Eine Protagonistin, die viel zu früh ihre Mutter verloren hat, die bei ihren vier Großeltern aufwächst, weil der trinkende Vater mit einem Kind überfordert ist, die die Belagerung Sarajevos und die Teilung ihrer Restfamilie erlebt. Ein Mensch, der andauernd mit Verlusten konfrontiert ist. Ein Einblick in ein schwieriges Leben…

Erster Satz

Der Morgen ist verregnet, ich habe überhaupt keine Lust rauszugehen.

Eigene Meinung

„Nennt mich Esteban“ ist ein ganz besonderes Buch und zwar in jeder Hinsicht. Angelegt als fragmentarischer Roman fügen sich die einzelnen Geschichten wie einzelne Perlen zu einer wunderschönen Perlenkette zusammen und ergeben so ein stimmiges Ganzes.

Die Erzählung ist vielschichtig, die Autorin verarbeitet traumatische Erlebnisse, wie den Verlust der Mutter in frühester Kindheit, die daraus resultierende innere Zerrissenheit und Depression sowie die Schrecken des Bosnien-Krieges. Leise und zart erzählt sie zudem vom Coming-Out. All das schildert sie in einer eleganten, federleichten und poetischen Sprache.

Es war mir eine wahre Freude, dieses Buch zu lesen, aber vor allem auch deswegen, weil es in jedem Kapitel erzählerisch immer wieder etwas Neues zu entdecken gilt. Mal gibt es ein Kapitel mit Kafka, dann wiederum arbeitet Leijla Kalamujić mit Metaphern, so steht etwa im ersten Kapitel die Schreibmaschine für ihre Mutter und auch für ihr eigenes Schreiben. Gleichzeitig spürt man ihre Liebe zur Literatur und auch einen guten Humor mit dem sie die Absurditäten des Lebens etwa im Kapitel „Von-Lokomotive-zu-Lokomotive“ pointiert zum Ausdruck bringt.

Fazit

Großartig geschriebener Erzählband, der nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern den Leser mit einem Gefühl zurücklässt, ein poetisches Sahnestückchen in Händen gehalten zu haben.


NENNT MICH ESTEBAN

Autorin: Lejla Kalamujić
Originaltitel: Zovite me Esteban
Übersetzung: Marie-Luise Alpermann
Seitenzahl: 120
Erschienen: 18.03.2020
Verlag: eta Verlag
ISBN:
Preis: 17,90 €


Zwerghuhn

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2 Comments

  • Reply Livia 3. März 2021 at 15:43

    Liebes Zwerghuhn

    Das Buch muss ich unbedingt ganz bald lesen, ich habe es mir schon auf die Wunschliste gepackt und freue mich sehr darauf. Ich lese ja viele Romane aus dem südslawischen Raum und es freut mich immer besonders, wenn ich Bücher aus dieser Region aus der Feder von Autorinnen lesen kann. Deshalb fiebere ich schon sehr sehnsüchtig auf „Fang den Hasen“ von Lana Basta Bastašić hin.

    Alles Liebe
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 12. März 2021 at 19:09

      Liebe Livia,

      „Fang den Hasen“ muss ich auch unbedingt lesen. Dieses Buch steht als nächstes auf meiner Liste südosteuropäischer Literatur. „Esteban“ kann ich dir sehr empfehlen. Kennst du „Das achte Kind“ von Alem Grabovic? Es ist erst kürzlich erschienen und passt perfekt in dieses Genre. Mir hat es super gefallen. Rezi folgt noch.

      Viele liebe Grüße
      Zwerghuhn

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