Rezension

Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau | Björn Stephan

21. April 2021
Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau

Inhalt

Sommer 1994, eine Plattenbausiedlung in Mecklenburg. Der verträumte, 13-jährige Sascha Labuse sammelt einzigartige Wörter. Ansonsten läuft sein Leben in ruhigen Bahnen. Er wächst in Klein Krebslow in einer Plattenbausiedlung auf und verbringt seine Freizeit mit seinem besten Freund Sonny, der ein großer Elton-John Fan ist und ein berühmter Klavierspieler werden möchte.
Als Juri in die Siedlung zieht, ändert sich vieles. Sie weiß alles über das Universum, ist mutig und kämpferisch. Also das genaue Gegenteil von Sascha. Als beide beobachten, wie der alte Irre von den Pawelkes, den Schlägern der Siedlung, verprügelt wird, meldet sich Juris Gerechtigkeitssinn und die Dinge nehmen ihren Lauf.

Erster Satz

Weglaufen, auch das hatte sie erwogen.

Eigene Meinung

Von diesem Debütroman „ginge ein ganz besonderer Zauber aus“, so habe ich es in einigen begeisterten Lobeshymnen gelesen. Besser kann man es nicht ausdrücken, auch mich hat dieses wundervolle Buch von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen.

Spannend, witzig und präzise auf den Punkt gebracht lässt Björn Stephan ein Stück Zeitgeschichte wieder aufleben. Schauplatz ist dabei eine eintönige Plattenbausiedlung in Ostdeutschland während der Nachwendezeit. Einfühlsam erzählt er vom Erwachsenwerden mit all seinen Problemen, vom Abgehängtsein unabhängig von der Herkunft, von Freundschaft und erster zarter Liebe. Zugleich lässt er aber auch deutlich die Auswirkungen des Zusammenbruchs der DDR, die damit verbundene Orientierungslosigkeit der Erwachsenen und ihrer Angst vor einer ungewissen Zukunft mit in die Geschichte einfließen.

Die drei jugendlichen Protagonisten erleben eine Zeit der großen Umbrüche, in die sie hineinwachsen müssen. Die Erfahrungen, die Sascha, Sonny und Juri machen, sind berührend, melancholisch und auch humorvoll beschrieben. Ich konnte mich unglaublich gut in ihre Gefühlswelt und ihr Tun hineinversetzen. Das liegt sicher auch daran, dass der 13-jährige Sascha als Erzähler fungiert und die Dinge in seiner ganz eigenen, klaren Sprache so schildert, wie er sie wahrnimmt. So lässt der Autor hinter all der Tristesse eine Welt voller Magie entstehen. All das gleichförmigen Grau verbirgt durchaus Buntes, man muss es nur erkennen können.

Ein großartiger Farbklecks sind dabei die mit so viel Herzblut und Liebe zum Detail skizzierten Figuren. Sie sind alle etwas Besonderes und füllen die Siedlung mit Leben. Meine absolute Lieblingsfigur im Buch ist der aus dem Iran stammende Herr Reza, der durch seine klugen Gedanken und seine gewählte, ausdrucksstarke Sprache ein Fels in der Brandung ist. Seine Überlegungen zu Erinnerungen und Vergangenheit werden mich auf jeden Fall noch länger beschäftigen.

Björn Stephan bietet mit seinem großartigen Buch einen eindrucksvollen Einblick in die frühen Jahre des wiedervereinigten Deutschlands. Das war sehr interessant und für mich als Süddeutsche auch sehr lehrreich zu lesen.


NUR VOM WELTRAUM AUS IST DIE ERDE BLAU

Autorin: Björn Stephan
Seitenzahl: 352
Erschienen: 11.02.2021
Verlag: Galiani Berlin
ISBN: 978-3-86971-229-1
Preis: 22,00 €


Herzlichen Dank an den Galiani Berlin Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Zwerghuhn

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2 Comments

  • Reply Livia 7. Mai 2021 at 0:32

    Hallo mein liebes Zwerghuhn

    Das Buch habe ich mir auch schon vorgemerkt und hoffe, dass ich bald Zeit und Platz dafür finden werde. Man muss sich ja schon ein wenig darauf einlassen, ja?

    Alles Liebe
    Livia

  • Reply Lesendes Federvieh 12. Mai 2021 at 14:09

    Liebe Livia,
    ja, man muss sich auf dieses Buch einlassen, aber das macht riesigen Spaß!
    Ich hoffe, dass es für den Deutschen Buchpreis in diesem Jahr nominiert wird.

    Viele liebe Grüße
    Zwerghuhn

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