Rezension

Die Spionin | Imogen Kealey

1. Mai 2020
Die Spionin

Inhalt

Marseille, 1940: Nach außen hin ist Nancy Wake die verwöhnte Ehefrau von Henri, die ihr mondänes Leben in den Metropolen Frankreichs genießt. Doch im Verborgenen riskiert sie ihr Leben für die Résistance, unterstützt Flüchtige und wird als „Weiße Maus“ mit einem millionenschweren Kopfgeld von den Nazis gejagt. Als Henri verhaftet wird, entkommt sie nach England, wo sie sich angetrieben von ihrem Hass auf die Deutschen und ihrer Liebe zu ihrem Ehemann zur Geheimagentin ausbilden lässt. Per Fallschirm gelangt die gefürchtete Kämpferin und meistgesuchteste Person Frankreichs in die Wälder der Auvergne, um im Kampf gegen die Deutschen das Kommando über eine Partisanengruppe zu übernehmen.

Erster Satz

Das war keine gute Idee gewesen.

Eigene Meinung

Der pathetisch klingende Klappentext von Imogen Kealeys „Die Spionin“ hat mich bereits unglaublich neugierig auf die Erzählung über eine der wohl faszinierendsten, wenn auch kaum bekannten Heldinnen der jüngeren Geschichte gemacht:

Ihr Name ist Nancy Wake – und sie kämpft für die Liebe.

Das stimmt natürlich nicht ganz, denn in erster Linie kämpft sie für die Freiheit der französischen Bevölkerung, die unter dem menschenrechtsverachtenden Regime der Nazis leiden. Dabei wurden Fakten geschickt mit fiktiven Elementen verwoben, sodass sich ein mitreißender Spannungsroman über eine beeindruckende, tatsächlich existierende Frau entspinnt, der richtig Spaß macht und gefühlt viel zu schnell vorbei ist.

Zugunsten der Dramaturgie wurden einige Änderungen der tatsächlichen Ereignisse vorgenommen, die im Nachwort aufgeklärt werden. Prinzipiell verstehe ich diese Herangehensweise natürlich, gerade weil es keine Biografie mit Anspruch auf Vollständigkeit ist. Dennoch hat die Geschichte dadurch für mich persönlich rückblickend einen kleinen Dämpfer verpasst bekommen.

Mein Highlight war die Titelheldin Nancy Wake selbst, die gänzlich unerschrocken, tapfer und ungebrochen willensstark für ihre Ziele kämpft und das mit einem unnachahmlichen Charme, der mich trotz der Grausamkeit mancher Szenen immer wieder zum Schmunzeln oder gar Lachen gebracht hat. Denn sie ist und bleibt eine Frau, die selbst im Angesicht des Todes hohen Wert auf gutes Aussehen und die passenden Make-Up Produkte legt. War ihre Weiblichkeit als Phantom „Weiße Maus“ die perfekte Tarnung, so scheint es im männerdominierten Metier eine Schwäche zu sein. Bevor sie überhaupt gegen die Nazis in den Kampf ziehen kann, muss sie sich in ihrer Ausbildung zur Geheimagentin gegen die unterschwellige Frauenfeindlichkeit durchsetzen und sich später in der Auvergne als Kommandantin über eine Partisanengruppe behaupten. Immer mit dabei: Ihr Lippenstift in der blutroten Farbe Victory.

„Die Spionin“ ist ein cineastisch angehauchter, mitreißender Agentenroman vor der Kulisse des Zweiten Weltkrieges, bei dem jeder auf seine Kosten kommt. Actionreiche Kampf- und Anschlagsszenen sind selbstredend Programm, aber zugleich handelt dieser Roman von der Emanzipation einer starken jungen Frau in einer Männerdomäne, einer tragischen Liebesgeschichte und beeindruckt mit gewitzten Charakteren.


DIE SPIONIN

Autorin: Imogen Kealey
Originaltitel: Liberation
Übersetzung: Gabriele Weber-Jarić
Seitenzahl: 457
Erschienen: 18.02.2020
Verlag: Rütten & Loening
ISBN: 978-3-352-00946-4
Preis: 18,00 €


Herzlichen Dank an den Rütten & Loening Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Kathiduck

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