Rezension

153 Formen des Nichtseins | Slata Roschal

2. Mai 2022
153 Formen des Nichtseins

Inhalt

Ksenia vereint mehrere Kulturen in sich, sie ist Deutsche mit russischem Migrationshintergrund, sie ist Jüdin, sie ist unter Zeugen Jehovas aufgewachsen. Gleichzeitig ist sie auch Mutter, Schriftstellerin und Wissenschaftlerin. Alles zusammen und doch nichts davon.

Erster Satz

Eine alte Frau mit blondierten Haaren und pink geschminkten Lippen steht vor dem Obststand im Einkaufscenter.

Eigene Meinung

Slata Roschal erzählt in ihrem gelungenen Debütroman von den Versuchen die eigene Identität, den persönlichen Weg und die eigenen Wurzeln zu finden. Dabei lässt sie ihre Protagonistin Ksenia zurückblicken auf eine Kindheit und Jugend, die geprägt war von Familientradition und strengen Regeln der Zeugen Jehovas. Freie Entfaltung war nicht möglich, stattdessen bekam sie zu spüren, nie genug zu sein. Darüber hinaus schildert sie glasklar auf den Punkt gebracht, wie schwierig es ist den Spagat zwischen Migrationshintergrund und dem neuen Lebensmittelpunkt zu finden und beiden Kulturen gerecht zu werden.

Das Besondere an diesem Roman ist die unkonventionelle Art die Geschichte zu erzählen, nicht in Form einer klassischen Erzählung, sondern in Form einer Prosacollage. Die 153 Kapitel bestehen aus Fragmenten, in denen Ksenia ihr bisheriges Leben reflektiert. Sie belässt es dabei nicht bei ihrer Vergangenheit, sondern seziert auch wichtige Themen, die sie im Alltag als erwachsene, berufstätige junge Frau mit Kind begleiten.

Die einzelnen Kapitel bzw. Teile ihrer Collage sind dabei so spannend und vielfältig gestaltet, es war jedes Mal eine große Freude, umzublättern, um mit neuen unerwarteten Ideen überrascht zu werden. So gibt es neben kurzen, wenige Seiten umfassenden Fließtexten etwa Auszüge aus Ebay- Kleinanzeigen, Fragebögen, Listen, verschiedene Psalmen oder auch Internet-Links.

Fazit

Gerade diese erfrischend andere Art des Erzählens und der präzise, glasklare Schreibstil von Slata Roschal haben mir außerordentlich gut gefallen, machen sie „153 Formen des Nichtseins“ doch zu einem eigenwilligen Lesevergnügen, das nachhallt.


153 FORMEN DES NICHTSEINS

Autorin: Slata Roschal
Seitenzahl: 176
Erschienen: 24.02.2022
Verlag: Homunculus
ISBN: 978-3-946120-94-0
Preis: 22,00 €


Herzlichen Dank an den Homunculus Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Zwerghuhn

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2 Comments

  • Reply Livia 21. Juni 2022 at 9:00

    Liebes Zwerghuhn

    Das Cover hat mich neugierig gemacht und was du zum Buch schreibst, klingt auch spannend. Ich werde mir das Buch einmal näher ansehen, mit „Prosacollage“ hattest du mich.

    Alles Liebe an dich
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 9. Juli 2022 at 12:44

      Liebe Livia,

      das ist eines dieser Bücher, für das man Ruhe und Muße benötigt, um es in all seiner sprachlichen Finesse zu begreifen. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, dann kann man ein wahres literarisches Juwel entdecken. 🙂

      Allerliebste Grüße,
      das Zwerghuhn 🙂

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