Rezension

Das Buch des Totengräbers | Oliver Pötzsch

27. Juni 2021
Das Buch des Totengräbers

Inhalt

Wien 1893: Innerhalb kurzer Zeit werden mehrere Dienstmädchen ermordet aufgefunden, jede von ihnen brutal gepfählt. Der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt steht vor einem Rätsel und wendet sich an Augustin Rothmayer, den Totengräber vom Wiener Zentralfriedhof. Dieser schreibt gerade an seinem Almanach für Totengräber, es gibt wahrlich keinen anderen, der sich besser mit dem Tod auskennt. So ist ihm sofort klar, dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten. Gemeinsam begeben sich nun der Inspektor und der schrullige Totengräber auf Tätersuche und tauchen dabei tief in die Abgründe der Stadt ein.

Erster Satz

Im menschlichen Leben gibt es wohl keinen Zustand, der mehr gefürchtet ist als der des Scheintods.

Eigene Meinung

Oliver Pötzsch ist mit seinem neuen Roman „Das Buch des Totengräbers“ ein grandioser Auftakt seiner neuen Krimireihe gelungen. Von der ersten Seite an war ich von diesem atmosphärisch dichten und spannenden Krimi gefesselt. Hervorragend und detailgetreu recherchiert lässt der Autor die Vergangenheit lebendig werden. Man fühlt sich hineinversetzt ins Wien 1893 zur Zeit der Jahrhundertwende, sieht die Fiaker fahren, schlendert an den herrlichen Palästen in der Ringstraße vorbei und genehmigt sich einen Kaffee in einem der zahlreichen, traditionellen Kaffeehäuser. Gleichzeitig sieht man aber auch die bittere Armut eines großen Teils der Bevölkerung.

Es ist die Zeit der Jahrhundertwende und damit auch die des wissenschaftlichen Fortschrittes, alles ist im Umbruch. In atemberaubender Geschwindigkeit gibt es immer neue Entwicklungen, wie Telefone, Elektrizität, Automobile, Fotografie und neue Methoden der noch jungen Kriminalistik. Genau hier tritt der junge Polizeiagent Leopold von Herzfeldt seine neue Stelle in Wien an und stolpert sogleich in seinen ersten schauerlichen Fall hinein, bei dem Aberglaube eine große Rolle zu spielen scheint. Mit ihm erlebt man als Leser die Fortschritte der neuen Ermittlungstechniken, aber auch die damit verbundenen Hindernisse und Ablehnungen, die von alt eingesessenen Kollegen gehegt werden, hautnah mit.

Das wäre an sich schon ein absolut lesenswerter Krimi mitsamt außergewöhnlicher Kulisse, doch das i-Tüpfelchen ist der wirklich grandiose Totengräber Augustin Rothmayer, ein schräger Vogel, der seinen eigenen Almanach für Totengräber verfasst und zur damaligen Zeit ein Ass in Forensik ist, nur nimmt das niemand zur Kenntnis. Er lebt und arbeitet auf dem Wiener Zentralfriedhof, der ein weiterer schauriger, morbider und unheimlicher Schauplatz dieses Buches ist. Zusammen mit Leopold von Herzfeldt trägt er einen Großteil zur Lösung des Falles bei. Die Art und Weise der Ermittlungen dieser beiden unterschiedlichen, so herrlich unangepassten, aufmüpfigen Figuren ist einfach nur wunderbar zu lesen. Durch immer neue falsche Fährten und unvorhersehbaren Wendungen bleibt die Suche nach dem Täter fesselnd bis zum für mich völlig überraschenden Schluss, der den Krimi perfekt abrundet.


DAS BUCH DES TOTENGRÄBERS

Autor: Oliver Pötzsch
Reihe: Totengräber-Serie (Bd. 1)
Seitenzahl: 448
Erschienen: 31.05.2021
Verlag: Ullstein
ISBN: 978-3-864-93166-6
Preis: 16,99 €


Herzlichen Dank an den Ullstein Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Zwerghuhn

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2 Comments

  • Reply Livia 1. Juli 2021 at 12:30

    Liebes Zwerghuhn

    Das Buch sieht ein wenig aus, wie meine alten, vergilbten Krimis, die irgendwann zwischen 1990 und 2000 erschienen sind und ich habe mich gerade gefragt, ob der Einband bewusst ein wenig „aus der Mode“ gestaltet worden ist.

    Der Autor sagt mir noch gar nichts, aber du klingst total begeistert, den muss ich mir definitiv näher ansehen.
    Alles Liebe an dich
    Livia

    • Reply Lesendes Federvieh 1. Juli 2021 at 14:52

      Liebe Livia,

      vom Autor habe ich bislang auch noch keinen Krimi gelesen, aber mich hat am „Totengräber“ der Wiener Zentralfriedhof fasziniert. Ich mag ja eigentlich Friedhöfe nicht so gerne, aber der Zentralfriedhof strahlt eine ganz besondere Atmosphäre aus.
      Ich kann dir das Buch auf jeden Fall empfehlen, es ist spannend und einfach nur gut geschrieben. Ich konnte es nicht aus der Hand legen. Es lohnt sich, auch wenn das Cover wirklich nicht das Schönste ist. 🙂

      Viele liebe Grüße
      Zwerghuhn

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