Inhalt
Die über 90-jährige Hagar Shipley will sich ihre Freiheit nicht nehmen lassen. Mit Händen und Füßen wehrt sie sich in ein Pflegeheim zu ziehen. Sie sieht nicht, dass ihr Sohn und ihre Schwiegertochter selbst nicht mehr jung sind und ihnen die Pflege immer schwerer fällt. Ein heftiger Disput entsteht. Doch während ihrer Gegenwehr driftet Hagar immer wieder in die Vergangenheit ab, sie reflektiert ihr Leben ohne jegliches Bedauern.
Erster Satz
Über der Stadt, auf der Hügelkuppe, stand einst der steinerne Engel.
Eigene Meinung
Mit Hagar Shipley hat Margaret Laurence eine Titelheldin geschaffen, die unverändert auch heute noch in unsere Zeit passt, obwohl „The Stone Angel“ bereits 1964 veröffentlicht wurde. Sie erzählt darin von einer außergewöhnlichen Frau, die selbst über ihr Leben bestimmte, die mutig war, nicht den einfachen Weg zu gehen. Dafür bedarf es auch einer gewissen Härte gegenüber sich selbst und ihrem Umfeld. Hagar ist auf den ersten Blick zwar keine Sympathieträgerin, doch konnte ich im Laufe der Zeit ihre Entscheidungen und ihr Handeln nachvollziehen. Leise hat sie sich in mein Leseherz geschlichen – auch als Mutmacherin.
Nun mit über neunzig kann sie ihren Weg nicht mehr uneingeschränkt gehen. Die Befindlichkeiten des Alters treffen auch Hagar. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen und trotzt den körperlichen und geistigen Beschwerden. Offen und direkt schildert die Autorin die Probleme, mit denen sich Hagar herumschlagen muss. Man kann sehr gut nachvollziehen, warum sie partout nicht ins Pflegeheim möchte. Ebenso versteht man aber auch ihren Sohn Marvin und ihre Schwiegertochter Doris, denen alles zu viel wird. Gerade die unterschiedlichen Perspektiven, mit denen die Autorin an die Geschichte herangegangen ist, finde ich großartig.
Mit ihrem präzisen, geradlinigen Schreibstil und den herrlich formulierten Gedankengängen Hagars, wirkt die ganze Situation lebendig und authentisch. Stellenweise blitzt wunderbarer Humor hervor. Durch die Rückblicke in die Vergangenheit bekommt der Leser ein Gefühl von Hagar selbst. Jemand, der seine Entscheidungen stets selbst trifft, wird damit konfrontiert plötzlich nicht mehr eigenständig leben zu dürfen, das ist hart.
Mich hat „Der steinerne Engel“ berührt und zum Nachdenken gebracht, denn das, was Hagar im hohen Alter erleben muss, kann jeden treffen. Mit ihrer Gewitztheit und Geradlinigkeit setzt sie dem Unvermeidlichen aber eine ordentliche Portion Kampfeswillen entgegen, der Mut macht.
Fazit
Porträt einer starken und außergewöhnlichen Frau
DER STEINERNE ENGEL
Autorin: Margaret Laurence
Originaltitel: The Stone Angel
Übersetzung: Monika Baark
Seitenzahl: 352
Erschienen: 14.09.2020
Verlag: Eisele
ISBN: 978-3-96161-092-1
Preis: 22,00 €
Herzlichen Dank an den Eisele Verlag für die freundliche Bereitstellung des digitalen Rezensionsexemplars über NetGalley!
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