Rezension

DUNKEL | Ragnar Jónasson

10. August 2020
Dunkel

Inhalt

Um Platz für einen jüngeren, ambitionierten Nachfolger zu schaffen, soll Hulda Hermannsdóttir noch vor ihrem regulären Rentenbeginn bei der Polizei Reykjavík ihren Schreibtisch räumen. Einzig einen letzten Fall, einen Cold Case, gesteht ihr der Leiter ihrer Abteilung zu. Huldas Entscheidung fällt auf eine mehr als unsauber geführte Ermittlung eines Kollegen, der den Tod einer jungen russischen Asylbewerberin recht schnell als Selbstmord ad acta gelegt hatte. Nur wenige Stunden bleiben ihr, die Wahrheit ans Licht zu bringen, für die sie sogar bereit ist ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.

Erster Satz

„Wie haben Sie mich gefunden?“, fragte die Frau.

Hype um DUNKEL, zurecht?

Auch ich konnte mich dem Hype um den Reihenauftakt der isländischen Krimitrilogie nicht entziehen. Denn diese Reihe weist eine entscheidende Besonderheit auf: die Trilogie wird rückwärts erzählt. In „DUNKEL“ begleitet man Kommissarin Hulda Hermannsdóttir wenige Tage vor ihrer Pensionierung bei den alleinigen Ermittlungen in ihrem letzten Fall, die Folgebände „INSEL“ und „NEBEL“ spielen 15 und nochmals zehn Jahre zuvor.

Dabei ist Hulda eine etwas andere Protagonistin als man es in diesem Genre gewohnt ist. Angefangen bei ihrem Alter, denn sie steht kurz vor der Pensionierung, worüber sie jedoch nicht gerade in Freudensprünge verfällt, fürchtet sie sich doch vor der Einsamkeit. Sie ist weder eine toughe, junge dynamische Polizistin auf der Überholspur, die sich gegen ihre männlichen Kollegen durchsetzt noch sonderlich beliebt. Trotz ihrer guten Ermittlungsergebnisse wurde sie ein ums andere Mal bei der Beförderung übergangen, stets gab es einen scheinbar geeigneteren jungen männlichen Kollege. Doch Hulda ist hartnäckig, gründlich und setzt sich für diejenigen ein, die keine Stimme mehr haben. Diese Mischung aus Andersartigkeit hat mir erfrischend gut gefallen.

Ebenso spannend wie die außergewöhnliche Charakterzeichnung ist auch die Wahl der Erzählstränge, wenngleich die Sprache recht einfach gehalten ist. Einerseits begleitet man Hulda in der Gegenwart bei ihrer Ermittlung, die geradezu auf unspektakulär kontinuierliche Weise Fortschritte macht. Andererseits gibt es zweierlei Schilderungen der Vergangenheit, wovon eine den Fall der getöteten Elena mit Hintergrundinformationen unterfüttert und somit Tiefe verleiht. Letzteres gilt auch für die andere Perspektive, welche die schwierige Kindheit eines Mädchens darstellt – Huldas.

Das Highlight des Buches ist jedoch das Ende selbst. Plätscherte die Ermittlung kurzweilig gemächlich Richtung Lösung des Falles, so entwickelte sich diese urplötzlich zu einem reißenden Strom aus erschreckenden Details der Vergangenheit, um schließlich in ein absolut geniales Finale mit Gänsehautfeeling pur zu gipfeln, das noch eine ganze Weile in meinen Gehirnwindungen umherspuken wird.

Fazit

„DUNKEL“ ist der mitreißende Auftakt des grandiosen Konzepts der rückwärts erzählten isländischen Krimi-Trilogie rund um die ruppige, facettenreiche Ermittlerin Hulda, dessen geniales Ende sich nachhaltig in meine Gedanken eingebrannt hat.


DUNKEL

Autor: Ragnar Jónasson
Originaltitel: DIMMA
Übersetzung: Kristian Lutze
Reihe: Hulda-Trilogie (Bd. 1)
Seitenzahl: 384
Erschienen: 25.05.2020
Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-75860-9
Preis: 15,00 €


Herzlichen Dank an das Bloggerportal für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Kathiduck

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply