Rezension

Frost | Ragnar Jónasson

3. Januar 2022
Frost

Inhalt

Für die Abschlussarbeit seines Studiums in Kriminalistik untersucht Helgi Reykdal den Cold Case zweier ermordeter Mitarbeiter eines alten Tuberkulose-Sanatoriums im eisigen Norden Islands. Er entdeckt dabei nicht nur Lücken in der damaligen Beweisführung, sondern kommt dem Täter auch in der Gegenwart verdächtig nahe, was nicht ohne Folgen bleibt.

Erster Satz

Die bedrückende Stille wurde zerrissen.

Eigene Meinung

Um es kurz zu machen: Für mich ein Satz mit X, das war wohl nix. Nachdem ich das Konzept der rückwärts erzählten Trilogie rund um Kommissarin Hulda ziemlich genial fand, war ich mehr als hooked als ich diesen Spin-Off von Huldas Nachfolger Helgi entdeckt habe, der in einem Cold Case von kaltblütig ermordeten Mitarbeitern eines ehemaligen Tuberkulose Sanatoriums ermittelt. Die gespannte Vorfreude wich allerdings schon bald einer herben Enttäuschung, denn weder die blassen Charaktere noch die einschläfernd ruhige Erzählweise des nordischen Krimis konnten mich sonderlich begeistern.

Inhaltlich waren zwar einige gute und vor allem erfrischend neue Handlungsansätze vorhanden, insbesondere was ein Detail des privaten Strangs und die Beweggründe der Morde angeht, welche jedoch neben der holprigen Sprache verblassten. Bei einem Thriller erwarte ich realistischerweise keine literarischen Ergüsse, aber aufgrund der losen Aneinanderreihung einfacher Satzstrukturen stotterte der Text in meinen Augen und ließ an sogartiger Rhythmik vermissen.

Dessen sprachliche Einfachheit kann natürlich auch in der Übersetzung begründet liegen, denn aus dem Isländischen wurde es zunächst ins Englische und dann ins Deutsche übertragen. Auch die womöglich bewusst abgehackt gewählten Wechsel zwischen den Erzählperspektiven und Zeiten konnten der ruhig dahinplätschernden Handlung nicht den gewünschten Spannungsanstieg verschaffen. Stattdessen wurde sie durch ausschweifend repetitive und in meinen Augen vollkommen überflüssigen Ausführungen zur isländischen Kriminalliteratur weiter ausgebremst.

Zwischendurch hatte ich gar den Eindruck, eine vollkommen andere Person als der Autor der erfolgreichen Hulda-Trilogie hätte diesen Thriller geschrieben, so different war mein Leseerlebnis. Die agierenden Charaktere blieben allesamt seltsam distanziert und kalt, lediglich Hulda, die ein paar Gastauftritte hat, war mir sympathisch – aber auch das vermutlich nur aufgrund des Vertrauensvorschusses von „DUNKEL“ und Co. Dennoch wollte ich „FROST“, angetrieben von meiner Neugier auf die Lösung des Falles, nicht vorzeitig beiseitelegen – ein paar Dinge hat Ragnar Jónasson also richtig gemacht. 😉


FROST

Autor: Ragnar Jónasson
Originaltitel: Hvítidauði
Übersetzung: Anika Wolff
Reihe: Hulda-Helgi-Serie (Bd. 4)
Seitenzahl: 304
Erschienen: 09.11.2021
Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-75931-6
Preis: 16,00 €


Herzlichen Dank an den btb Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Kathiduck

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