Inhalt
Gloria sieht den einzigen Ausweg ihre Töchter und sich selbst zu schützen in der Flucht. Sie packt das Nötigste für sich und ihre zwei Töchter zusammen, dazu die Beretta ihrer großen Liebe. So holt sie die beiden Mädchen Stella und Loulou kurzerhand von der Schule ab und fährt mit ihnen ins Elsass zum idyllisch und einsam gelegenen Ferienhaus ihrer Familie, um dort die Ferien zu verbringen. So erklärt sie es ihnen, doch tatsächlich will sie alle Verbindungen zur Vergangenheit lösen. Was wird Gloria noch alles tun, um ihre Töchter vor jeglicher Bedrohung fern zu halten?
Erster Satz
Gloria war schon seit so langer Zeit bereit, dass sie, als sie ihre Entscheidung getroffen hatte, kaum eine Stunde benötigte, um alles zu packen, die Ausweise, Impfpässe und die Beretta ihrer großen Liebe, für Stella zwei Exemplare aus dem Stapel mit den noch ungelesenen Büchern, für Loulou zwei Plüschtiere sowie ihr liebstes Schaffell, das Mastermind-Spiel aus dem Chaos aus Stellas Zimmer, für jede von ihnen ein Paar Schuhe, dazu Zahnbürsten, Doliprane, Thermometer, Läusekamm und warme Kleidung.
Eigene Meinung
Dieses spannende, komplexe und hochinteressante Frauenporträt übte auf mich eine ganz besondere, einzigartige Faszination aus. Man lernt zunächst Gloria, die Hauptfigur, an einer Weggabelung ihres Lebens kennen, in der sie versucht sich und ihre Kinder zu schützen, das Warum wird noch offen gelassen. Auch über die Person Gloria selbst lässt die Autorin den Leser zunächst im Dunkeln.
Stück für Stück taucht man mit Hilfe der Rückblicke in Glorias Werdegang, tief in ihr Denken, ihr Fühlen und in ihr Handeln ein, aus der zunächst schwach scheinenden Frau entpuppt sich immer stärker ihr wahres Wesen. Gloria war für mich von Anfang an keine richtige Sympathieträgerin, sie blieb unnahbar, sie ist nicht greifbar, aber genau diese Charaktermerkmale lösen sich immer mehr auf und man blickt in ihre Seele und ihre Gedankenstrukturen, auch wenn man ihre Handlungsweise nicht verstehen kann, nachvollziehbar ist sie unter ihrem kruden Blickwinkel durchaus.
So entwickelt sich leise eine Geschichte, die von Seite zu Seite immer dichter gesponnen wird und so eine unglaubliche Sogwirkung entfaltet. Gerade im zweiten Teil des Buches entsteht durch unvorhersehbare brillante Wendungen eine solch emotional aufgeladene Atmosphäre, die wirkliches Thrillerpotential aufweist. Auch der Schluss hat es in sich, denn erst nach der letzten Seite hatte ich die wirkliche Gloria vor Augen.
Neben dieser interessant und fesselnd gestalteten Handlung spielt der Schreibstil, der diesem Roman eine ganz spezielle Note verleiht, ebenso eine große Rolle. Wie sich bereits im ersten Satz des Buches erkennen lässt, hegt die Autorin ein Faible für lange Sätze. Aus diesem Grund sollte man sich Zeit für diese Lektüre nehmen, um alle Feinheiten, Einschübe und die eingestreuten Bemerkungen eines imaginären Erzählers genießen zu können. Es lohnt sich.
Fazit
Ich habe diesen vielschichtigen Roman sehr gerne gelesen, denn ich konnte immer wieder Neues in der Geschichte entdecken. Dieses Porträt einer freiheitsliebenden Frau ist eine absolut gelungene Kombination von psychologischen Elementen, knisternder Spannung und starken Gefühlen.
NIEMAND HAT ANGST VOR LEUTEN, DIE LÄCHELN
Autorin: Véronique Ovaldé
Originaltitel: Personne n’a peur des gens qui sourient
Übersetzung: Sina de Malafosse
Seitenzahl: 224
Erschienen: 18.02.2021
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
ISBN: 9783-627-00283-1
Preis: 22,00 €
Herzlichen Dank an die Frankfurter Verlagsanstalt für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
2 Comments
Oh, liebes Zwerghuhn
Das klingt super spannend und vielschichtig, Auch ist mir das Buch bisher noch gar nicht begegnet und ich werde ab jetzt die Augen ganz weit danach offen halten 😉
Alles Liebe an dich
Livia
Liebe Livia,
wir sind große Fans der Frankfurter Verlagsanstalt. Sie haben ein kleines, aber feines Programm und alles was wir bisher daraus gelesen haben, war super. Das wäre bestimmt auch etwas für dich.
Viele liebe Grüße
Zwerghuhn