Rezension

Das Schicksal weiß schon, was es tut | Brigid Kemmerer

27. Februar 2020
Das Schicksal weiß schon was es tut

Inhalt

Rob Lachlan ist ein Sportass, Liebling der Schule und ein absoluter Mädchenschwarm. Doch es bedarf nur eines Ereignisses und schon kehren sich die Verhältnisse um. Sein Vater hat die Familie in Verruf gebracht, indem er zahlreiche Menschen in den finanziellen Ruin trieb. Von nun ist Rob ein Außenseiter, denn jeder denkt er wäre Teil des gigantischen Betrugs. Für Meagan ist die Schule nach einem schwerwiegenden Fehler ebenfalls die Hölle. Da sie beide in Mathe übrig bleiben, müssen sie gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Das Schicksal scheint entweder einen besonderen Sinn für Humor oder einen bestimmten Plan für Meagan und Rob zu haben…

Erster Satz

Wie jeden Morgen frühstücke ich mit meinem Vater.

Eigene Meinung

Was zunächst wie eine lockere Teenie-Liebesgeschichte über zwei Außenseiter anmutet, die sich finden, entpuppt sich schon bald als viel mehr. Sie handelt von Schuld, der Frage nach dem Richtig und Falsch, sie erzählt von Verdrängung, Wiedergutmachung und dem Weitermachen. Dem Danach.

Meagan und Rob wurden beide zu Außenseitern, sie durch ihr Schummeln bei einer wichtigen Prüfung, er durch die Machenschaften seines Vaters, der zahlreiche Menschen durch die Veruntreuung ihres Vermögens in den finanziellen Ruin trieb. Sie hat ihre Tat gestanden, sie ist schuldig. Er ist schuldig, weil er der Sohn seines Vaters ist und somit von der Tat gewusst haben muss. Doch trägt er auch tatsächlich die Schuld für das, was passiert ist? Ist er dafür verantwortlich, dass einige Familien ihr gesamtes Vermögen verloren haben, weil er nicht erkannt hat was vor sich ging? Ist er schuldig, weil er von alledem nichts wusste, aber die finanziellen Vorzüge genossen hatte, welche die Tat mit sich brachte?

Vor allem: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Ist es richtig jemanden zu bestehlen, der etwas im Überfluss besitzt und es jemandem zu schenken, der es dringend benötigt, weil man ohnehin von jedem als Dieb abgestempelt wurde? Macht es überhaupt noch einen Unterschied, wenn jeder davon überzeugt ist, dass man es bereits getan hat? Ist man weniger schuldig, wenn jeder es erwartet? Und wann ist es vorbei? Wann hat man genug gelitten? Wann kann man vergessen und einfach weitermachen? Gibt es überhaupt ein danach? Oder wird es ein allzeit präsentes „schuldig“ bleiben?

Auf beinahe philosophische Art und Weise setzt sich dieser Roman mit jenen Fragen und vielen weiteren auseinander, was ich unglaublich spannend zu verfolgen fand. Wenngleich jene Problematik natürlich nicht tiefgründig dozierend abgehandelt wird, vielmehr werden einzelne wichtige Gedankenanstöße geschaffen, sich selbst mit den Facetten der Schuld zu beschäftigen.

Aufgrund dieser Thematik wie auch dem gescheiterten Suizid von Robs Vater, der ihn zum Pflegefall machte, schwingt zwischen den Zeilen eine bedrückte Stimmung mit, wie ich finde. Dennoch gibt es die kleinen Hoffnungsmomente, die aufkeimenden romantischen Gefühle und die Schritte in Richtung weitermachen, die der Erzählung einen hellen Schimmer verleihen.

Fazit

„Das Schicksal weiß schon, was es tut“ ist in meinen Augen ein großartiger Jugendroman, der die Frage nach der Schuld und den persönlichen wie gesellschaftlichen Konsequenzen nach einem begangenen Verbrechen thematisiert und zum Nachdenken anregt. Natürlich kommen dabei auch die Liebe, die Freundschaft und die Familie nicht zu kurz.


DAS SCHICKSAL WEIß SCHON, WAS ES TUT

Autorin: Brigid Kemmerer
Originaltitel: Call It What You Want
Übersetzung: Sylvia Bieker & Henriette Zeltner
Seitenzahl: 352
Erschienen: 08.11.2019
Verlag: Dragonfly
ISBN: 978-3-748-80011-8
Preis: 17,00 €


Herzlichen Dank an den HarperCollins Verlag für die freundliche Bereitstellung des digitalen Rezensionsexemplars!

Kathiduck

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6 Comments

  • Reply wolfgang weiland 27. Februar 2020 at 9:35

    interessant…

    • Reply Lesendes Federvieh 27. Februar 2020 at 12:25

      Das war es wirklich! 🙂

  • Reply Giselas Lesehimmel 27. Februar 2020 at 11:12

    Hallo liebe Kathi

    Das klingt nach einem Buch, welches zum Nachdenken anregt. Es ist gar nicht so leicht, über das Verhalten eines Menschen zu urteilen, der aus gutmütigen Gründen stiehlt. Klar rechtfertigt kein noch so selbstloses Motiv einen Diebstahl. Heftig finde ich, wenn jemand beschuldigt wird, der gar nicht gestohlen hat. Suizid ist auch ein heftiges Thema. Der Schreibstil scheint auch besonders zu sein. Freut mich, dass du so tolle Lesestunden hattest.

    Ganz liebe Grüße,
    Gisela

    • Reply Lesendes Federvieh 27. Februar 2020 at 12:41

      Hallo liebe Gisela,

      genau das fand ich so spannend an diesem Buch. Man spielt geistig die möglichen Szenarien durch, überlegt wie man selbst in dieser Situation gehandelt hätte und vor allem, ob falsch nicht manchmal das bessere richtig ist. Rob trifft keine Schuld, was die Veruntreuung der Gelder durch seinen Vater angeht, dennoch hält ihn jeder für einen rücksichtslosen Dieb, der er zu diesem Zeitpunkt nicht ist. Er steht ab einem gewissen Punkt vor der Frage, ob es dann überhaupt noch falsch ist zu stehlen, wenn ohnehin jeder der Überzeugung ist er hätte es längst getan. Wie gesagt, höchst spannend! 😀 Der Schreibstil war tatsächlich noch gar nicht mal so besonders, es wurde abwechselnd aus der Perspektive der beiden erzählt, aber die Geschichte an sich war so fesselnd. 🙂

      Ganz liebe Grüße,
      Kathi

  • Reply Anja 1. März 2020 at 14:10

    Hallo,
    ich finde den Buchtitel ja total klasse. Auch deine Rezension liest sich vielversprechend, auch wenn ich etwas skeptisch bin, ob da thematisch nicht vielleicht zu viel angerissen wird und ich mir gerade nur schwer vorstellen kann, wie alle diese Aspekte zufriedenstellend bearbeitet werden können. Macht mich dennoch neugierig, ob es gelungen ist.
    Das Buch behalte ich auf jeden Fall mal im Kopf.
    Viele Grüße
    Anja

    • Reply Lesendes Federvieh 1. März 2020 at 14:32

      Hallo liebe Anja,

      der hat mich auch hauptsächlich neugierig auf das Buch gemacht. 😀 Ich verstehe deine Skepsis, aber zu viel wird eigentlich nicht angerissen, ich finde die Fragestellungen nur sehr spannend und habe mich deshalb gleich mit großer Freude darauf gestürzt. 🙂 Über diesen Roman habe ich schon viele positive Stimmen gehört, es wird sich also bestimmt lohnen. Ich bin gespannt, ob es bald bei dir einzieht!

      Herzliche Grüße,
      Kathi

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