Rezension

Tell | Joachim B. Schmidt

9. März 2022
Tell

Erster Satz

Mitten auf der Wiese hockt ein Bär.

Eigene Meinung

„Ein Blockbuster in Buchform: The Revenant in den Alpen, Game of Thrones in Altdorf“ so steht es in der Kurzbeschreibung zu „Tell“. Und dem kann ich in vollen Zügen nur zustimmen. Inspiriert von DEM Schweizer Nationalhelden schlechthin, Wilhelm Tell, hat Joachim B. Schmidt einen fulminanten, atemberaubenden und spannenden Roman vorgelegt, der mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zog. Zuerst dachte ich das ist mutig, nach der letzten Seite weiß ich, das was er daraus gemacht hat, ist großartig.

In diesen schnellen, fast 100 Sequenzen lässt er etwa 20 Protagonisten zu Wort kommen, die die Geschichte Stück für Stück aus ihrer Sichtweise heraus erzählen. Dadurch entsteht ein solch kraftvoller Sog, der vor Lebendigkeit und Authentizität geradezu sprüht. Komplettiert wird diese spritzige, außergewöhnliche Art des Erzählens durch die bis ins kleinste Detail skizzierten Figuren und deren entbehrungsreiche Lebensumstände.

Alle Akteure agieren in einem so plastisch geschildertem historischen Setting, sofort ploppen die entsprechenden Bilder im Kopf auf. Die Willkür der Habsburger Landvogte und deren Soldaten, grandios verkörpert durch Gessler und seinen Schlächter-Vasallen Harras auf der einen Seite. Andererseits stehen mit Wilhelm Tell, hier einem eigenbrötlerischen, wortkargen Bergbauern und den Dorfbewohnern die geknechtete Bevölkerung gegenüber. Wilhelm Tell gibt ihnen allen eine Stimme. Von Anfang an konnte ich eintauchen in diese längst vergangene Zeit ins Schweizer Isenthal, in das beschwerliche Leben dort und den Repressalien der Obrigkeit. Je weiter sich die Geschichte entwickelt, desto rasanter steigt die Spannungskurve an, um sich in einem explosiven Showdown zu entladen.

Fazit

Joachim B. Schmidt findet immer das nötige Fingerspitzengefühl und den richtigen Ton, den eine Geschichte braucht, um ihre Wirkung entfalten zu können und zu funktionieren. Wie schon zuvor bei „Kalmann“ ist dies auch bei Tell hervorragend gelungen, wie ich finde. Durch seinen einzigartigen, klaren und so herrlich treffenden Schreibstil, die filmreifen Charaktere und die absolut stimmige Handlung ist „Tell“ für mich ein Lesehighlight für 2022.


TELL

Autor: Joachim B. Schmidt
Seitenzahl: 288
Erschienen: 23.02.2022
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-07200-6
Preis: 23,00 €


Herzlichen Dank an den Diogenes Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Zwerghuhn

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1 Comment

  • Reply Livia 22. März 2022 at 22:22

    Hallo liebes Zwerghuhn

    Von Joachim B. Schmid habe ich noch nie etwa gelesen und dass du buchigerweise in die Schweiz gereist bist, klingt doch wundervoll, zumal es klingt, als hätte dich das Buch sehr gut unterhalten.

    Vielleich schaue ich mir die Geschichte einmal näher an, obwohl Tell in meiner Kindheit ein wenig zu präsent war, wie das wohl in der Schweiz ziemlich normal ist 😉

    Alles Liebe an dich
    Livia

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